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Jean Michel Jarre live in Koblenz

Wenn der Altmeister der elektronischen Musik ein einziges Konzert in Deutschland gibt, dann pilgern Unmengen von Fans an den Ort des Geschehens: die Sporthalle in Koblenz. So machte auch ich mich auf den zweistündigen Weg in die Stadt im Rheinland und war noch vor dem Öffnen der Einlasstüren da. Einige waren natürlich noch schneller - aber das war egal. Es gab nur Sitzplätze und jeder hatte seinen Platz. So war es aber doch eine gute Gelegenheit, sich die Bühne und die Technik etwas genauer anzusehen. Mein Herz schlug höher, als ich die Sythesizer-Dinos stehen sah: ein ARP 2600, ein Modular-System von Moog und noch viele andere, die auch im letzten Jahr auf der Oxygene-Tour auf der Bühne standen. Die Sound- und Lichttechnik freilich war weniger antiquiert und so kam es, dass ich auf dem Bildschirm des Mischpultes die Tracklist für die Show sah. Und wieder schlug mein Herz höher! Ich habe aber die Liste schnell wieder vergessen, weil ich mich ja während der Show immer wieder überraschen lassen wollte. Die Halle füllte sich so langsam und ich nahm noch eine Frikadelle mit Brötchen und eine Apfelschorle zu mir. Die Frikadelle war wirklich sehr lecker!


Kurz nach halb zehn gingen dann die Lichter aus es es ertönte "Industrial Revolution" in einer sehr schönen basslastigen, getragenen Variante. Aus einer mit Laser projizierten Ebene tauchte eine Hand auf - die Hand des Meisters. Die Fans dachten sofort an die China-Konzerte von 1981, auch da tauchte er aus einer Laserebene auf. Das Publikum jubelte und Jarre ließ sich feiern. Das darf er auch. Persönlich hätte ich mir noch die anderen Parts von "Industrial Revolution" gewünscht, aber man kann nun mal nicht alles haben. Stattdessen folgte Hit auf Hit, alles sehr schön arrangiert, was wohl nicht zuletzt Claude Samard zu verdanken ist, der seit einigen Jahren dafür verantwortlich zeichnet. Die Stücke wurden "modernisiert" - und das stand ihnen sehr gut. Sehr gefallen hat mir "Magnetic Fields 2", was ich eigentlich schon nicht mehr hören konnte. Aber hier wurde es völlig neu mit tollem Beat, fast schon kindisch verspielt, vorgetragen. Respekt! Klar, es zischte und blubberte wieder überall - aber genau das ist Jarre. Jarre ist auch, dass er eine große Show macht und wahnsinnig ins Schwitzen kommt, während seine Kollegen Perrier, Rimbert und Samard völlig kontrolliert und routiniert spielen. Vor allem Perrier, lässig mit Basecap und großen Kopfhörern, als ob ihm das alles nichts anginge. Dabei war er es, der im Wesentlichen die Melodielinien spielte.
 
Manchmal kam es mir so vor, als wolle Jarre seinem Publikum etwas beweisen. Dabei muss er das nun wirklich nicht tun. Nun gut, die Fans diskutieren seit Jahren über drei Themen, wenn es um Konzerte geht:
- Spielt er auf Konzerten live?
- Funktioniert die Laserharp wirklich?
- Funktionieren diese "Perkussionselemente", auf die er gelegentlich mit der Hand schlägt?

Diese Fragen hat er mit dem Konzert wohl eindeutig beantwortet: Ja, ja und ja. Er spielt live, was man vor allem daran gemerkt hat, dass er bei einigen Stücken hin und wieder aus dem Rhythmus kam. Auch die Laserharp funktioniert. Dies machte er deutlich, als er die Stücke variierte und weitere Töne spielte, die in Studioaufnahmen nicht in dem Stück sind. Dass hier einer seiner Kollegen synchron auf Tasten gespielt hat oder die Line aus dem Sequenzer kam, ist in meinen Augen unwahrscheinlich. Und ja, er hämmerte sehr oft und spontan auf die Percussions ein, was man deutlich hören konnte. Auch hier hat niemand synchron gespielt.


Der Sound war sauber und klar, zum Schluss hin etwas zu laut. Die Lightshow war gut und es gab einige sehr schöne Darstellungen. Allerdings habe ich mir persönlich mehr erhofft. Was in jedem Fall super war: die Musik. Jarre hat's immer noch drauf und das Publikum ist ihm treu und dankbar. Man kann geteilter Meinung über ihn und seine Musik sein, aber eines ist sicher: er ist eine lebende Legende und hat einen bedeutenden Beitrag zur Musikgeschichte geleistet.
 
Einige von mir gemachte Fotos von dem Konzert gibt es in meinem Album.

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